Mittwoch, 23. Juli 2014

Herr Keks

Mein Kekskater ist eine der nicht ganz normalen Katzen. Als normale Katzen bezeichne ich solche, die dem gängigen Muster entsprechen. Viel Schlafen, Fressen, Spielen, Dösen. Sagen wir es kurz und liebevoll: Er hat nen Schaden.

Und zwar, er war noch keine sieben Wochen alt, da tobte er mit seinen Geschwistern durch die Wohnung. Ich lag auf der Couch, ließ mich von einem Film bedösen und schnarchte schließlich weg. Warum auch nicht? Geweckt wurde ich durch irgendwas, es muss laut gewesen sein, denn ich schreckte komplett hoch. Dann ein Mauzen, ein klägliches. Ich dachte erst der dicke Chef hat wieder seine Launen und muss die kleine Keksmama verhauen und dachte mir nichts dabei, es ist ja nicht so als käme das nicht oft vor. Aber dafür was das Mauzen doch zu kurz und och hörte ja kein Gerangel der beiden, also stand ich auf um nachzusehen und mir bot sich ein ziemlich erschreckendes Bild. Unser Esstisch stand noch im Flur zu dem Zeitpunkt und die kleinen hatten wohl auf den über kopf stehenden Stühlen getobt, bis dann einer heruntergefallen war. Unsere anderen Miezen saßen alle im Kreis und schleckten Blut vom Boden auf. Ich scheuchte alle weg und ich musste die Katzen zählen, es fehlten zwei und der Rest war unverletzt. Mit pochendem Herzen suchte ich die beiden kleinen und fand schließlich den Keks. Zitternd, blutend – das Stuhlbein musste ihm direkt auf den Kopf gekracht sein.

Heulend brachte ich den kleinen ins Bad, setzte ihn ins Waschbecken, wusch ihn mit klarem Wasser ab bis das Wasser klar wurde, wickelte ihn in ein Handtuch und schleppte ihm mit zur Couch. Ich ließ nicht von ihm ab, war in Tränen aufgelöst. Er döste irgendwann nur noch vor sich hin und ich musste mit dem schlimmsten rechnen. Ich weiß das mag sich jetzt für viele Herzlos anhören, aber für eine so junge Katze ruft man weder den Notdienst noch bringt sie zum Tierarzt, obwohl ich kurz davor stand. Ich bleib da, hielt ihn in den Armen und betete in alle Richtungen dass es nur Oberfläche wäre, dass es nichts Schlimmes ist, dass er gesund wird. Das die Wunden heilen. Den ganzen Tag über, die halbe Nacht. Ich wachte neben ihm und er schlief. Alle zwei gefühlte Minuten prüfte ich ob er noch atmet. Er schlief. Fast zwei Tage am Stück. Wenn er sich bewegte dann suchte er nur weiter Körperwärme. Tapsig und orientierungslos, wegen einer vermuteten Gehirnerschütterung…

Was soll ich sagen? Er ist jetzt gute Sieben Monate alt, hat leichte Probleme beim durch die Nase atmen, wirkt ansonsten topfit (noch mehr als sein Bruder) und baut am laufenden Band nur Unsinn. Ich denke diese zwei Tage in Angst und Bange die wir zusammen verbracht haben, hat in mir nicht nur einen Beschützerinstinkt geweckt sondern uns auch irgendwie zusammengeschweißt. Er gehört zu mir und von daher lass ich mir ne menge Blödsinn vom ihm gefallen. Ist vermutlich so wie der dicke Chef das bei der Seufzerin darf. Gewisse Narrenfreiheiten aus Liebe zum Tier.

Es war mir eine Lehre. Seit dem hab ich Stühle nie wieder über Kopf auf den Tisch gestellt und dort nach dem Wischen gelassen. Und viele kleine Fallen, die er mir alle noch todesmutig präsentiert hat, wie zum Beispiel ein offener Toilettendeckel… ja, die Katze erzieht den Menschen, nicht wahr?

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