Dienstag, 6. Juli 2010

Buch: Nicht sprechen, nicht schweigen, nicht gehen, nicht bleiben

Buchtitel: Nicht sprechen, nicht schweigen, nicht gehen, nicht bleiben
Autor/in: Anja Tuckermann
Art: Hardcover m. Schutzumschlag
Verlag: Ravensburger Buchverlag
Reihe: Hautnah
Erscheinungsjahr: 2000
Seiten: 115
Erstanden: Auf dem Flohmarkt, 0,50 €

Beschreibung: Überall, hinter Häuserecken und Straßenbäumen, hört Rinka Schritte, sieht sie Schatten, die sich zu bewegen scheinen, die ihr Angst mache. Am liebsten würde sie, aufgelöst in Luft, für immer davon schweben. Sie will nicht lesen, sie will nicht sterben. Sie will nicht schlafen, nicht wach sein, nicht zu Hause sitzen, nicht von zu Hause weggehen. Kein Wille, keine Freude, keine Liebe. Sie hat Angst vor jedem Männerblick, der sie auf der Straße trifft. Angst vor jeder Berührung, die zufällig droht; sie kann sich nicht mehr in die Augen sehen und fühlt sich entfernt von allem, was sie früher für ihr Leben gehalten hat. Rinka kennt sich selbst nicht mehr. Rinka ist vergewaltigt worden.

Und jetzt ich: Gleich zu Anfang musste ich feststellen das ich den Namen Rinka hasse. Jedem dem so etwas Mal bei einem Buch passiert ist, wird die ganze Story zusätzlich vermiest weil man den Namen dauernd liest und noch mehr genervt ist. Rinkas Name war aber im Grunde nicht das was mir so bitter aufgestoßen ist, sondern der Schreibstil. Vorrangig blicken wir auf Rinka, dann wieder auf ‚Ich’ in Gegenwartsform. Als ob das nicht schon verwirrend genug wäre folgt nach gefühlten hundert Seiten Angst-vor-allem (sofern man nicht wie ich zwischenzeitlich tatsächlich wegpennt) eine völlige unauthentische Reihe von Dingen die ich vermutlich verstehen würde, würde ich es noch mal lesen, aber ich bin furchtbar wichtig und sehr beschäftigt und werde mir das natürlich nicht mehr an tun. 
Die Geschichte beginnt also damit das Rinka hier macht und da und lebt und eigentlich nicht und schon vergewaltigt worden ist. Dann springt die Story auf einmal überraschend rum und sie wird gerade vergewaltigt, dann springt sie um zu dem nächsten Typen der eigentlich keiner ist und schon unter den ersten dreißig Seiten weiß man nicht mehr wer, wann und wo sie schon überall vergewaltigt worden ist und durch die Gegenwartsform ist auch ein ‚Rückblick’ auf die Vergangenheit mehr als verwirrend. Tut mir leid – entweder bin ich zu doof oder das war die miserabelste Lösung die Geschichte zu veröffentlichen.
Zudem wird sie von einem ganz offensichtlich vergewaltigt, einem Studenten den sie freiwillig mit in die Studentenwohnung begleitet, der sich kurz drauf ihrer bemächtigt, sie mit einem Messer bedroht, lässt sie die Statue der Jungfrau Maria küssen denn, „ich bin Katholik, sie wird mir alles verzeihen.“ KRANK! Irgendwann gegen Ende des Buchs wissen ihre Freundinnen dann doch mal bescheid und suchen den Studenten auf um ihn zu bedrohen und Nackt auf die Straße zu stellen. Zur Polizei wird er ja kaum gehen, das wäre ja ein Kniefick. Lobenswert. Später wird erwähnt, es wäre eine Ärztin vergewaltigt worden, die ihren Peiniger zu sich eingeladen hatte danach, der so dumm war zu kommen und sie ihm den Schwanz entfernte. Die hat’s richtig gemacht.
Dann hat Rinka auf einmal wieder Selbstvertrauen und eigentlich auch nicht, holt sich mit Konrad einen Freund ins Bett vor dem sie sich ekelt, ihn mag, nicht mag und ihn im Prinzip auf Distanz hält. Weil Konrad das alles mitmacht wird er zu einem wichtigen Bezugspunkt für Rinka die sich aber kurz nicht sicher ist ob sie nicht doch lieber eine Frau haben will, denn sie beleidigt und beschimpft Konrad dauernd, fragt warum er keine ist und bla. Auf den letzten Seiten liegt Rinka nackt im Wald und macht es sich selbst um sich neu zu gebären (nein, frag nicht).

Fazit: Entschuldigung, ganz vorn weg. Ich weiß wie schwer es ist ein Buch zu schreiben. Ich weiß was für eine knochenharte Arbeit es ist einen gewissen Fluss der Geschichte beizubehalten. Man muss die Charaktere ausarbeiten wissen was sie mögen und was nicht, wie sie regieren würden und vor allem wie sie sich benehmen. Man bekommt einen Einblick in Rinkas Kopf der für mich jenseits der Realität liegt und da fragte ich mich stellenweise: Was will Anja mir damit sagen?

Das Buch zu lesen, ist wie eine zerfetzte Zeitung zu lesen. Du bekommst einen Fetzen, liest ihn und nimmst den nächsten der mit dem vorherigen nichts die Bohne gemeinsam hat, außer aus derselben Zeitung zu stammen. Rinkas Mutter ist mir ein völliges Rätsel. Nachdem sie ihrer Mutter endlich erzählt hatte was passiert war, kann man da schon von Gelassenheit sprechen. Von Annahme. ‚Ja, ist eben so.’ ‚Das hast du nun davon.’ ‚Das ist ganz normal.’ ‚Männer sind so’. Danke für nichts. Ich fühlte mich teilweise in das erste Jahrhundert zurückversetzt oder in die ‚moderne’ Politik des Korans und unterwürfiger Frauen – und das teilweise so verhetzend das ich mich nicht wundern würde das männliche Leser sich dabei gerne quer über die Seiten erbrechen würden. Also die Charaktere sind mies ausgearbeitet, wenn überhaupt. 50 Cent für so ein Buch auszugeben lohnt sich faktisch nicht mal richtig, es sei denn man sammelt diese Bände. Ich habe noch einen Band aus der Hautnah-Reihe mitgebracht und fürchte mich schon diesen zu lesen trotz des tollen Themas Geschwisterliebe. Das Buch erzählt nicht, das Buch hetzt und wenn ich mir vorstelle das so eine Geschichte im Unterricht von Kindern gelesen wird, dann verdreht sich mir alles. Ich spiele so ein Trauma nicht runter, dafür kenne ich es viel zu gut aber es gibt tausendmal bessere und vor allem glaubhaftere Bücher. Ich rate dringend davon ab, es sei denn ihr wollt prüfen ob meine Angaben stimmen.




Gruß

1 Kommentar:

  1. Und schon habe ich eine Menge deiner letzten Einträge verpasst. Huch!
    Wenigstens hast du für das Buch nur 50 Cent gezahlt. Vielleicht kannst du es ja später nochmal für Collagen verwenden.
    Manche Bücher muss man einfach lesen um später darüber lästern zu können - ich liebe zerfetzende Buchrezensionen! Sehr schön!

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