Samstag, 14. September 2013

Samstags geht die Welt unter




Ich weiß nicht ob es nur hier so läuft aber in meiner Gegend geht samstags nicht das Partyleben los sondern donnerstags. Und sonntags ist kein Ruhetag sondern Hol-die-Bohrmaschine-raus-Tag und samstags geht irgendwo in der Nähe die Welt unter.

Anders kann man sich die massiven Drängeleien im Kaufland nicht erklären. Menschen die die ganze Woche so wie ich jeden Tag einkaufen gehen weil jeder Gang schlank und so weiter sind auch Samstags da. Aber nicht so wie ich und ein Miniprotzent aller für zwei Tage einzukaufen sondern zu hamstern für mindestens vier Wochen. Da werden Einkaufswagen nur allein mit Brotlaiben gefüllt. Irgendein Spinner der jeden Samstag da ist und den ich oft zusehen bekomme kauft jedes Mal einen Jahresvorrat an Dosenmilch. Ja echt jetzt – der ganze Wagen voll mit Dosenmilch! Ich kann nur ahnen was er damit treibt. Vielleicht pflegt es ja die Haut oder er weicht sich damit ein. Gut – eigentlich will ich es gar nicht wissen.

Also jede Woche Samstag dasselbe Prinzip: Sieben Kassen stehen zur Verfügung, sieben Kassen sind offen, Sieben Kassen haben jeweils eine Schlange von c. a. vier Leuten am Band und acht wartenden im Anschluss. (Ohne Witz, ich hab heute eine Statistik gemacht denn ich hatte ja Zeit. Eis schmilzt ja nicht.) Eine beste Uhrzeit um samstags nicht totgetreten zu werden gibt es nur zwischen Sieben und Halb Acht morgens. Wer an einem freien Tag aber zum kuckuck nicht so früh aufstehen will, weil er gesunden Menschenverstandes ist, geht erst danach. Und kriecht zurück.

Sieben Kassen, Ausgangssituation. Nun ist Kaufland auch so nett und gibt jedem der länger als 5 Minuten warten muss einen Einkaufsgutschein von 2,50. Normalerweise lös ich den nicht ein, es sei denn es ist so ein tag wie heute und dafür können die armen Leute ja gar nichts sondern nur der perverse Penner mit Dauerhoniggrinsen und einem Bekiffter-Maulwurf-Gesicht.

Ich hab meinen Einkauf also im Wagen, drehe eine Ehrenrunde weil ich immer Wasser vergesse und drehe noch eine zweite, weil ein Blick in den Wagen offenbart das ich mir Coloration (Aubergine) leisten kann, schnappe mir schließlich bei all den vielen Kassen die mit der kürzesten Schlange. Da geh ich ganz pragmatisch vor: Vollgepackte Wagen, aber nur drei, geht schneller als Schlange mit Neun wenig bepackten Wagen. Normalerweise.

Wenn der Depp nicht da gewesen wäre. Wie Mittermeier ausdrückte: Ein Bremser. Das war der König der Bremser. Ein Volldepp. Ein Turnbeutelvergesser.
Der Wagen vor ihm ist leer. Das Band rutscht weiter und wird also frei gemacht. Frau vorne packt ihren Wagen wieder voll und der Königsbremser hebt den Blick, lächelt mich an und schaut nach vorne. Statt anzufangen das Band vollzupacken, wohlgemerkt. Ich räusper mich, ich netter Mensch. Nichts. Räuspern wird eindringlicher. Nichts. Frau vorne hat fertig gescannt und wird jetzt mit Karte bezahlen. Das Band ist einen guten Meter frei. Sein voller Wagen beginnt zu wimmern (oder war ich das etwa?), doch er bleibt hart. Stattdessen begutachtet er nun die Quengelwarenfreie Kassenregale. Während ich mir ausmale wie gerne ich ihm den Nasenhaarschneide in die Eingeweide jagen würde nur damit irgendwas passiert greift er zu schuheinlagen. Ich atmete ungeheuer viel Luft ein. Tu ihm nicht weh. Letzter Versuch: Lautes Räuspern. Er sieht zu mir, ich versuch es mit einem Mach-voran-du-lahmarschige-Matschbirne-Lächeln. Er sieht zu seinem Wagen – ich atme innerlich auf. Guter Anfang. Währendessen geht die letzte Frau vor ihm an den Kassenstart und wird bedient.

Als nach achteinhalb Minuten (Stoppuhr für den Mehr-als-5-minuten-gewartet-beweis) sein erstes Sixpack Bier auf dem Band stand wird mir der Stein ein wenig leichter. Das gediegene seufzen hinter mir hört sich auch erleichtert an. Zu früh gefreut. Zweites Sixpack flaschen steht auf dem Band, da mustert er sie, schaut mich an und als ob ich irgendwas gesagt hätte straft er mich mit einem bösen Blick und legt das Paket lieber hin damit es nicht umfällt. Natürlich in Zeitlupe. Der Mensch machte alles in Zeitlupe. Und überwachungszoom. Die Flaschen liegen jetzt, er neigt sich vor und studiert offenbar den Sekundenkleber am Regal.

Ich stelle mir langsam die Frage ob das ein Test ist. Versteckte Kamera oder so. Ich versuche mir das Augenrollen zu verkneifen das ich schon seit geraumer Zeit übe. Bloß nicht ärgern lassen. Versuche mir ein buddhistisches Mantra in Erinnerung zu rufen. Komme bis zum dritten Wort, da gefällt mir das Bild besser wie ich dem Königsbremser sein Arschloch zuklebe.

Zwölf Minuten und aus seinem Wagen fehlen schon mal zwei Sixpacks Bier. Neben mir die Kasse (ihr erinnert euch an die neun Leute?) Die Letzte die sechs Menschen hinter mir in der Schlange stand zieht gerade fröhlich pfeifend an mir vorbei. Mein Blick verengt sich. Stelle mir wundervolle Szenarien vor wo Königsbremser und Einkaufswagen zu einer Einheit verschmelzen. Letzte Frau vorne schiebt ihren Einkaufswagen weg. Kassierer wartet auf den Bremser. Viel erfolg wollte ich ihm noch wünschen. Er versucht es freundlich mit einem „Entschuldigung?“ Ich hätte ihn warnen sollen, aber ich zählte gerade von zehn runter. „Der Herr?“ Königsbremser guckt zum Kassierer. Als ob der ihn gar nicht richtig registrieren will seufzt der Bremser (das lebende Faultier) und greift tatsächlich zu seinem Wagen um das dritte von zweihundert teilen aufs Band zu legen. Der Kassierer tauscht einen Blick mit mir uns jedem hinter mir. Ich sehe etwas in seinen Augenwinkeln glitzern. So geht’s uns doch allen… so geht’s uns allen, keine Sorge.

Der Kassierer wartet. So ein prall gefüllter Wagen will leer sein bevor er wieder gefüllt werden kann. Ich nehms ihm nicht übel. Noch schlimmer als das warten wäre doch alles über den Scanner zu ziehen und dann ein Auffangbecken zu haben und dem Bremser nur noch mal Dünger zuzuwerfen. Fünfundzwanzig Minuten später. Der Wagen ist wieder voll. Mein Einkauf und der von vier Leuten hinter mir ist schon aufs Band gequetscht worden. Jede Minute zählt. Und als ob der Königsbremser noch eins oben drauf setzen wollte, erleichtert er uns alle in dem er auf einmal aufwacht und hektisch wird. Diese ungewohnte Hektik beim Bremser bewirkt jedoch nur dass er sein komplettes Portmonee über den Scanner verteilt. Die Schlange seufzt, schnaubt und ich höre eindeutig die klatschende Hand auf der Stirn.

Fünfunddreißig Minuten nachdem ich hinter dem Bremser stand, rechnete ich innerhalb von drei Minuten komplett ab und ging. Wenn man Samstags nichts zu tun hat, geht man einkaufen. Und jetzt entschuldigt mich, ich hab noch Pläne mit dem Sekundenkleber.



1 Kommentar:

  1. Ich hab regelrecht mitgelitten...

    Vielleicht ist das des Königsbremsers Samstagunterhaltung ^_^

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