Sonntag, 26. Juni 2011

Anonym

Das Telefon klingelt. Auf dem Display steht nur ein Wort. Eines das mir zu bekannt ist um keinen eiskalten Schauer mit sich zu bringen. Mir bricht der Schweiß aus, mein herz klopft wie verrückt. Meine Hände zittern, der Kloß in meinem Hals schnürt mir die Luft ab. Es ist nur ein Wort. Es könnte jeder sein. Zum Beispiel nur  ein Werbeanruf von einem Callcenter. Niemals haben sie hier angerufen, es kann nur jemand vollkommen anderes sein, rede ich mir ständig ein und nehme doch nicht ab. Nur wegen diesem Wort: Anonym.
Ich lass es klingeln und klingeln. Jede neue Wahl bringt mich den Tränen näher. Ich sinke zurück in den Schreibtischstuhl. Da wo alles angefangen hatte.

Nun eigentlich hat es gar nicht dort angefangen, sondern außerhalb der Virtuellen Netzwelt. Es war ein Nachmittag bei einem Bekannten, der seine Schwester und ihre Familie eingeladen hatte. Mein Bruder und deren älteste Tochter empfanden Sympathie zueinander und als wäre es gestern gewesen höre ich noch die Worte der Schwester: „Halt ihn dir warm, der geht zum Bund und wird eine menge Geld verdienen.“
Meinem Bruder zuliebe wuchsen wir einander zusammen, wie das schon mal so ist wenn sich zwei Menschen verlieben. Wir, das heißt meine Mutter und Ich haben viel gegeben, um meinen Bruder in der Beziehung (trotz der Antipathie zum Motiv) zu unterstützen. Er blieb immer öfter dort, die Bundeswehr, die Freundin – wir sahen ihn nur noch wenig, dann irgendwann gar nicht mehr, weil er seine freien Wochenenden bei seiner Freundin verbrachte. Wie das so ist wenn man verliebt ist. Rückblickend betrachtet war das ein ziemlich großes Missgeschick, Rücksicht zu nehmen.

Aus heiterem Himmel erreichten uns SMS und diverse Telefonanrufe in den wir wegen nicht und wieder nichts beschimpft und beleidigt wurden, was wir für eine schlechte Familie wären, wie Faul, Fett und ekelhaft Lesbisch (ich in dem fall) wir wären und so weiter. Wir wussten uns nicht zu helfen – sollte das alles passiert sein weil man auch mal seine ehrliche Meinung zu einer Gelegenheit hervorgebracht hatte? Es war eine Verteidigung gewesen, da die Familie ohnehin sehr Pöbelhaftes Benehmen aufwies und ich mich in dem Moment einfach nur gewehrt habe. Dann Funkstille von unserer Seite aus, was diese Familie wohl nur noch aufgestachelt hatte. Mein Bruder stand zwischen den Fronten, zwischen den Stühlen und wusste sich nicht zu helfen. Seinetwegen haben wir geschluckt und einen Stolz begraben nur um uns dieser Familie wieder anzunähern. Und wofür?

Eines Nachmittags, wir waren nur auf der Durchfahrt zu meiner Großmutter, da haben wir bei ihnen einen Halt gemacht und meine Mutter wurde gefragt ob sie für die neue Katze der Familie einen Interessenten hatten zum Weiterverkauf. Wir machten einige Bilder per Handy von der Katze und erklärten wir hören uns mal um, stellen eine Anzeige bei Kalaydo ein, da wird sich sicher jemand finden. Hätten wir es doch bloß gelassen!

Direkt am Abend kam schon eine SMS was uns einfallen würde die Katze bei Kalaydo reinzusetzen, so als ob es unsere eigene wäre. Vollkommen perplex schrieb meine Mutter zurück was denn der Aufstand soll, so war es schließlich abgesprochen gewesen. Darauf folgten lauter beleidigende SMS und dann die Drohung das würde schon Konsequenzen hageln.

Das war ab (etwa) dem August 2009. Ich sagte meiner Mutter das wir auf diesen Mist nicht mehr reagieren. Als wir per SMS nichts mehr sagten, wurden sie immer schlimmer. Mit solchen Inhalten die ich nicht mal wiedergeben möchte wenn es wirklich drauf ankäme. Ignorieren tut weh, das war ein beweiß, aber wir wollten auch nichts mehr mit denen zu tun haben. Schon wieder vollkommen aus dem nichts gegriffen, bombardierten die uns täglich mit diversen Beleidigungen, bis dann schließlich auch noch Schulden auftauchten die angeblich zu begleichen hätten. Fünfzig Euro für den eigentlich geschenkten Trockner, dann Hundert für unsere eigene Waschmaschine und, und, und. Ja, sie haben damals angeboten in anbetracht unserer Notlage von einem Alkoholiker wegzuziehen, einige Möbel zu besorgen. Da wir mit nichts da standen gaben wir die ersten Hundert Euro unserer Finanzspritze vom Amt an sie weiter, für Benzin und die Mühe (quittiert) obwohl das Geld dafür gedacht war das wir uns über den Monat bringen konnten. Mittlerweile, bald drei Jahre später sind wir bei 2000 Euro angeblicher Schulden, die natürlich allesamt nicht zu belegen sind (was jedoch ständig unterlegt wird, durch Androhung von Anwälten und Polizei, von denen wir aber in dem Punkt nie etwas gehört hatten).

Wir haben zwei Anzeigen gestellt, denn in diesen drei Jahren permanenter Beleidigung, Erniedrigung und sogar Drohungen körperlicher Gewalt und Freigabe privater Daten wurde es immer schlimmer und schlimmer. Nicht mehr per SMS (die sich dank Nummern Änderung verloren) und Telefon (wegen Umzug) dafür aber durch das allwissende Medium Internet. Anfangs über Kalaydo, wo jeder unserer Verkäufe kommentiert wurde mit Beispielen wie: „Für wen hat die Hure denn jetzt schon wieder die Beine breit gemacht?“ und „Bei euch Nutten, Huren und Schlampen kriecht der Schimmel ja aus jeder Ritze…“ dann anfangs über meinen Blog bei Myblog.de, den ich nach vielen Monaten Terror habe schließen müssen um Ruhe zu bekommen, kamen sie aber nach einigen Wochen dahinter wie mein neuer Blog bei Blogspot hieß und dann ging es wieder los. Erst nur alle drei bis vier Wochen ein Kommentar der es in sich hatte, dann alle zwei Wochen, dann jede Woche. Und jetzt war es sogar so schlimm das wenn ich die Kommentare auch nur zwei Stunden für alle freigegeben hatte, ich fünf neue Hasskommentare vorfinden konnte, so als würden sie 24/7 vor dem Bildschirm sitzen und f5 drücken. Über MeinVZ verbreiteten sie über zig Accounts voll namentlich was für Huren und Nutten/ Schlampen etc. wir wären, das man uns nicht trauen konnte, was für eine Rebenfamilie wir sind, was für Lügen wir über diese Familie verbreiten denn all das was wir anzuzeigen hatten natürlich nie stattgefunden hatte, das „Anonym“ jeder sein könnte und das wir ja genügend Leute im Leben hinter uns gelassen hätten die wir nur verarscht hätten, die sowieso noch eine Rechnung mit uns offen hätten etc. etc. Bei MEINVZ haben sich die Supporter schnell und hilfsbereit gezeigt und alle gemeldeten Accounts gesperrt. Aber MeinVZ war schon lange keine Anlaufstation mehr, denn es gab ja jetzt Facebook. Und da kamen sie mit zig Accounts, gründeten sogar Hassgruppen für mich und meine Mutter, nahmen Kontakt zu allen Bekannten und auch Familienmitgliedern auf um uns schlecht zu reden. Live und für jedermann einsehbar.

Bei der zweiten Anzeige brach ich vor dem Polizisten im Verhör in Tränen aus, kompletter Nervenzusammenbruch. Ich wusste mir nicht mehr zu helfen. Der Polizist riet mir, in meinem Fall wäre eine Therapie durchaus ratsam. Und… dann?

Meinen Blog machte ich kommentardicht. Meinen FB Account für alle außer Freunde uneinsehbar. Dann gingen sie auf Blogs und Webseiten denen ich beigetreten bin als Mitglied und fingen dort an über mich zu reden, uns schlecht zu machen, etc. Bis auch Freunde und Bekannte nur durch diese Leute, bzw. meinen beitritt dazu gezwungen waren ihre Kommentare ebenfalls abzudichten. Ich verlor viele Bekannte und verlor Freundschaften die mir viel bedeutet haben.

Jetzt habe ich meinen Blog umgesiedelt und bebte jede Stunde jeden Tages darauf das ich unentdeckt bleibe. Das Bloggen liegt mir am Herzen, Herzblut steckt in jedem Post. Das ist mein Leben. Mittlerweile haben sie einen eigenen Blog um ihre Lügen und Beleidigungen weiterhin an den Mann zu bringen und schickten mir über FB über einen neuen ungeblockten Account den Link, damit ich es auch ja bemerke.

Beide Anzeigen wurden abgeschmettert, weil sie „nicht im Interesse der Öffentlichkeit“ liegen. Und jetzt frage ich mich: Wäre es vielleicht besser mich umzubringen? Wäre dann endlich Ruhe? Würde die Justiz dann endlich mal etwas tun?

Ich bin am Boden, nehme den Hörer nicht ab.

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